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Wallpaper image source: Zuhause. Zuhause?

Zuhause. Zuhause? [Home. Home?]

Sound design/Music for an animation project about the thought of being a refugee.
The scenes were presented on iPads with headphones during the “Creativity Rules” exhibition in Hallein, Salzburg. The project was nominated for the Austrian Computer Graphics Award in two categories.
More information: Zuhause. Zuhause?

Year:
2016

Team:
Visuals: Sandra Pallier, Lisa Prantl, Franca Scheiber
Music/Sound Design: Karin Pallier

Hintergründe des Sound Designs:

Bilder zu vertonen, die solch ein tiefgreifendes Thema behandeln, war eine spannende Herausforderung. Besonders wichtig war mir dabei, die Bilder nicht bloß gedankenlos mit Geräuschen/Musik zu unterlegen, sondern auch in der Erarbeitung und Bearbeitung der Sounds auf den Inhalt des Projekts zu achten. Dies erreichte ich, indem ich vollständig auf vorgefertigte/digital erzeugte Klänge verzichtete, also ausschließlich mit Audio-Dateien arbeitete und diese veränderte. Außerdem liegen den Klängen tiefere Bedeutungen zugrunde: Geräusche sind nicht bloß Geräusche – sie haben einen Hintergedanken.

Szene 01 – Zimmer
Die erste Szene stellt ein normales Zimmer in einem österreichischen Haus dar. Eine sanfte Klavier-Klangwolke soll ein gemütliches Heimat-Gefühl leicht andeuten, Geräusche von Lichtschaltern und Fußstapfen suggestieren die Bewohner des Hauses. Plötzlich wird es dunkel und durch das Fenster kann man Rauchwolken erkennen – ein Krieg hat begonnen. Die Zerstörung, die der Krieg mit sich bringt, taucht auch im Ton auf: Die Klavieraufnahmen werden leicht übersteuert, das Signal zerstört. Die grollenden Explosions-Geräusche habe ich erzeugt, indem ich meine Hand zu einer Faust geballt (Gewalt, Krieg) und diese minimalen Geräusche aufgenommen und bearbeitet habe, bis der Sound wie gewünscht an Bomben-Einschläge erinnert hat.

Szene 02 – Krieg

Die Stadt scheint verlassen, hier und da verschwinden Menschen – ob durch Mord oder Entführung, bleibt unklar. Die Animation zeigt, wie sich die Gestalten in Luft auflösen, untermalt durch leises Knistern und Hauchen: Als würde ihnen jemand das Leben einfach „ausblasen“.

Szene 03 – Aufbruch
Scheinbar unendliche viele Erinnerungen, die man zurücklassen muss. Private Gegenstände, die einem viel bedeuten, aber bei der Reise einfach keinen Platz finden. Nostalgie, das Schwelgen im Moment des erzwungenen Vergessens – Klänge, die immer ferner rücken, je näher man sie betrachten will.

Szene 04 – Bus
Menschen sitzen in einem Bus und sehen zu, wie die Landschaft ihrer Heimat an ihnen vorbeizieht. Weiße Tücher schweben langsam auf die Berge herab: Man möchte das Kriegsgebiet vergessen und die weiche Heimat in Erinnerung behalten. Diese Verhüllung schroffer Erinnerungen habe ich durch sanfte Klavier-Tupfer dargestellt.

Szene 05 – Boot
Die Flucht über das Meer, das so mächtig und verschlingend ist, dass es nur geringe Überlebenschancen bietet. Immer wieder kann man Gesichter bzw. Silhouetten in den Wellen erkennen. Der Sound ist ausschließlich aus der menschlichen Stimme gestaltet: Ich habe Worte wie „Rauschen“, „Wasser“, „Wellen“, „weit weg“ etc. sowie Atmen aufgenommen und in ein auditives Klangerlebnis verwandelt, das die Authentizität bzw. Menschlichkeit in dieser Szene spüren lässt.

Szene 06 – Lager
Ein Flüchtlingslager. Verschiedene Menschen sind zu sehen, einzigartige Identitäten – jedoch verdecken schwarze Balken ihre Augen. Man kann Stimmen hören, alte und junge, Schritte, Gespräche … gleichzeitig verschwimmt alles, wirkt fern und wieder nah.

Szene 07 – Sprache
In dem neuen Land ist man vollkommen überfordert mit der Welle an neuen Lauten und Zeichen, die über einen hereinbricht: Man versteht weder Sprache noch Schrift. Die Bilder dieser Szene zeigen arabische Schriftzeichen, die auf Haut projiziert werden; eine Art Videosequenz. Passend dazu habe ich Tonaufnahmen von einem arabischen Gedicht dahintergelegt, sich immer wiederholend, teilweise verzerrt, im Kreise drehend.

Szene 08 – Familienkonflikte
Das Hin- und Her-Gerissensein zwischen der neuen und der alten Kultur. Auf der einen Seite die Familie, die möchte, dass die österreichische Tradition weiterhin gepflegt wird, auf der anderen Seite der Drang und Wille, sich an die neue Kultur anzupassen. Auditiv habe ich dies durch auseinandergezogenes Plastik bzw. halb zerreißendes Papier dargestellt, um die Spannung dieser Situation hervorzuheben. Je mehr sich der (sehr abstrakte) Protagonist der Szene nach links bewegt, desto mehr hört man von dort leisen arabischen Gesang; je mehr er sich der rechten Seite nähert, desto klarer wird ganz leise österreichische Musik („Schifoan“ von Wolfgang Ambros).

Szene 09 – Zimmer
Man sieht einen ähnlichen Raum wie in der ersten Szene – nur kleiner und leer. Es ist die neue Heimat mit Erinnerungen an die alte: Das Bild flackert, kurz tauchen Bilder der damaligen Heimat auf. Fast dieselbe Klavier-Atmosphäre wie am Anfang signalisiert nun ein gewisses neues Heimatgefühl, das jedoch immer wieder kurz von alten Erinnerungen unterbrochen wird, wobei diese „Tonstörungen“ Teile aus dem Audiomaterial der ersten Szene sind.